Ansichten
Spreedorf
Wappen
Story
Impressum

Geschichten und Geschichte

<< zurück

     Startseite

Der Spreequellenstreit
Zum 100. Geburtstag des Spreeborns

Vor kurzem war ich zum Spreequellfeste.
Da kamen auch sehr viele Gäste.
Und weil das Wasser war zu naß,
da trank man kräftig Bier vom Faß
und andere Spezialitäten.
Dabei kam tüchtig man ins Reden.
Bald d'rauf begann ein großes Geschrei,
welche der drei Quellen die richtige sei.
"Ist es die von des Kottmars Höhen,
oder die, die im Spreedorf ist zu sehen?
Oder die, die da plätschert unverwandt
am Neugersdorfer Badestrand?"
So kam es bald zu einem Krach
zwischen Walddorf, Neugersdorf und Ebersbach.
"Die richtige", sagt ein Walddorfer munter,
"die plätschert vom Kottmarberge herunter.
Sie liegt am höchsten und ich kann Euch sagen,
sie ist auch im Atlas so eingetragen."
"Da kann ich nur lachen", sagt ein Spreedorfer mild,
"bei uns'rer nicht weniger aus der Erde quillt.
Einst zu Königs Zeiten, von höchster Stelle,
wurde sie festgelegt als d i e richtige Quelle!"
Ein Neugersdorfer sagt darauf, gedankenverloren:
"Die richtige ist vor unseres Freibades Toren.
Wir haben sie extra, ganz wohlüberlegt,
zur besseren Ansicht dorthin verlegt."
Ich hatte das alles mit angehört
und sagte: "Ihr denkt ja ganz verkehrt.
Eine solche Rederei ist nichtig,
alle drei Quellen, die sind wichtig.
Was soll denn darum das Geschrei,
nicht jeder Bach hat deren drei!
Das ist das Besondere der Spree,
und wenn in Ebersbach ich seh'
wie diese Bächlein sich vereinen,
zusammen dann als Bach erscheinen,
als nur e i n Wasser insgesamt,
erkennbar nicht, woher es stammt.
Doch diese flüssige Dreifaltigkeit
zeigt ihre Auswirkung noch weit.
Wenn dann die Spree, von drei Quellen gespeist,
über Havel und Elbe in die Nordsee reist,
so beeinflußt sie dadurch, und das finde ich gut,
deren Steigen und Sinken bei Ebbe und Flut.
Darum streitet nicht weiter um jeden Quark.
Macht's wie die Quellen - nur Einheit macht stark!"
Der Streit war vorüber und alle Mann,
die schauten sehr aufmerksam mich an.
Sie bedankten sich dann mit viel Applaus
und dachten bei sich: Man lernt nie aus!

P.S.
Ich hoffe, daß von dem, was ich dort gelehrt,
nichts die Wissenschaft erfährt.
Sonst wird man in allen Bundesländern
auf's Neue wieder die Schulbücher ändern.

von Wolfgang Richter
Ebersbacher Mitteilungsblatt Nr. 82, S. 20
Mit freundlicher Genehmigung der Redaktion